UEK CIE CPI
Newsletter #4
Mai 2018
Einstiegsbild
Staats­ar­chiv Frei­burg (StAF), EB Div Pho­tos 10 II, Bel­l­echas­se,
« Pho­to­gra­phie aé­ri­en­ne de Bel­l­echas­se », 1956-1972. [Pho­to­gra­phe: B. Bach­mann, Bern]
Gu­ten Tag!

Der ro­te Fa­den die­ses News­let­ters ist die Fra­ge nach der Men­ge: Wie fin­det man her­aus, wie vie­le Men­schen ad­mi­ni­stra­tiv ver­sorgt wur­den? Und an wel­chen Or­ten wur­den die­se Mass­nah­men um­ge­setzt? Mit die­sen Fra­gen be­schäf­tigt sich ein For­schungs­team der UEK. In ei­nem in­ter­ak­ti­ven Vi­sua­li­sie­rungs­pro­jekt zei­gen die For­scher auf, wie die Ver­tei­lung der An­stal­ten in der Schweiz aus­ge­se­hen hat. Das Por­trait am En­de des News­let­ters ist eben­falls die­sem Team ge­wid­met und soll ei­nen Ein­blick in die kom­ple­xe Ar­beit mit quan­ti­ta­ti­ven Me­tho­den ge­ben.

Schliess­lich wei­sen wir Sie wie im­mer auf neue In­hal­te un­se­rer Web­site und auf kom­men­de Ver­an­stal­tun­gen hin.

Wir wün­schen Ih­nen ei­ne an­ge­neh­me Lek­tü­re!
News
Vi­sua­li­sie­rungs­pro­jekt on­line
Die UEK zeigt an­hand von in­ter­ak­ti­ven Vi­sua­li­sie­run­gen ver­schie­de­ne As­pek­te der An­stalts­land­schaft in der Schweiz von 1933 bis 1980, wie zum Bei­spiel die Ver­tei­lung der An­stal­ten in der ge­sam­ten Schweiz oder die Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen den ein­zel­nen Kan­to­nen. Ein Glos­sar der In­sti­tu­tio­nen und ein Glos­sar der zu­grun­de­lie­gen­den Rechts­er­las­se er­gän­zen die Vi­sua­li­sie­run­gen.

Die von den For­schern ge­sam­mel­ten sta­ti­sti­schen Roh­da­ten sind auf dem Por­tal open­da­ta.swiss ver­öf­fent­licht. Die­ses Por­tal pu­bli­ziert Da­ten von Bund, Kan­to­nen, Ge­mein­den und wei­te­ren Or­ga­ni­sa­tio­nen mit ei­nem staat­li­chen Auf­trag.
Das Vi­sua­li­sie­rungs­pro­jekt der UEK ent­stand in Zu­sam­men­ar­beit mit Den­si­ty­De­sign, ei­ner For­schungs­grup­pe des De­sign De­par­te­ments des Po­li­tec­ni­co di Mi­la­no.

   
Be­richt Aus­tau­sch­an­lass
Mit­ein­an­der re­den - mit die­sem Wunsch ha­ben sich An­fang No­vem­ber 2017 die Mit­ar­bei­ten­den der UEK mit Be­trof­fe­nen von ad­mi­ni­stra­ti­ven Ver­sor­gun­gen und wei­te­ren für­sor­ge­ri­schen Zwangs­mass­nah­men zu ei­nem Aus­tausch ge­trof­fen.
Ziel die­ses An­las­ses war es, dass sich die UEK mit be­trof­fe­nen Per­so­nen über ih­re je­wei­li­gen Er­fah­run­gen und Über­le­gun­gen zur For­schungs­ar­beit der UEK un­ter­hal­ten.

Am Mor­gen fan­den Ge­sprä­che an ver­schie­de­nen klei­nen Ti­schen statt. Da­bei ging es um die Er­war­tun­gen und Be­fürch­tun­gen, die mit der wis­sen­schaft­li­chen Auf­ar­bei­tung ver­bun­den sind. Aus den No­ti­zen der Tisch­ge­sprä­che und den Schluss­prä­sen­ta­tio­nen ha­ben Mit­ar­bei­te­rin­nen der UEK ei­nen Be­richt er­stellt: Die be­spro­che­nen Fra­gen und die Aus­wer­tung der Dis­kus­sio­nen fin­den Sie auf un­se­rer Web­site im Be­reich Be­geg­nun­gen.


   
Neue Quel­len
Drei neue Quel­len wur­den in den ver­gan­ge­nen Mo­na­ten on­line ge­stellt:
Bei der Be­kämp­fung von Al­ko­ho­lis­mus stütz­ten sich ei­ni­ge kan­to­na­le Ge­set­ze auf Ex­per­ten­wis­sen, um die ad­mi­ni­stra­ti­ve Ver­sor­gung zu recht­fer­ti­gen, wie zum Bei­spiel auf die The­se der Psych­ia­ter Au­gu­ste Fo­rel und Al­bert Ma­haim aus dem Jah­re 1906. Das «Ge­setz über die Wirts­häu­ser, die Her­stel­lung und den Ver­kauf von al­ko­ho­li­schen Ge­trän­ken und die Be­kämp­fung des Al­ko­hol­miss­brau­ches» von 1919 zeigt auf, wel­che Mass­nah­men die Frei­bur­ger Be­hör­den ge­gen­über ver­meint­li­chen Al­ko­ho­li­ke­rIn­nen ver­hän­gen konn­ten.
Schliess­lich prä­sen­tie­ren wir ei­ne Mo­ti­on zur Re­vi­si­on ei­nes Ge­set­zes­tex­tes aus dem Kan­ton Lu­zern. Der Mo­tio­när stör­te sich 1954 am man­gel­haf­ten Schutz der per­sön­li­chen Frei­heit.

Hier ge­lan­gen Sie zu al­len Quel­len­be­schrie­ben.
Portrait
Wie vie­le Men­schen wur­den ad­mi­ni­stra­tiv ver­sorgt?
Die Fra­ge nach der An­zahl Men­schen, die in der Schweiz ad­mi­ni­stra­tiv ver­sorgt wur­den, steht oft im Zen­trum der po­li­ti­schen und me­dia­len De­bat­ten rund um die The­ma­tik. Ei­ne prä­zi­se Zahl zu nen­nen ist un­mög­lich, da we­der der Bund noch die Kan­to­ne die­se Zah­len sy­ste­ma­tisch er­fasst ha­ben. Den­noch ar­bei­tet ein For­schungs­team der UEK dar­an, sich die­ser Zahl zu nä­hern.
Da­für un­ter­su­chen die For­scher Quel­len, die An­ga­ben über die An­zahl ver­sorg­ter Per­so­nen ent­hal­ten, wie zum Bei­spiel der Jah­res­be­richt der Ber­ner Po­li­zei­di­rek­ti­on von 1945. Auch Jah­res­be­rich­te von An­stal­ten ge­ben Aus­kunft über die An­zahl ver­sorg­ter Per­so­nen.
Um sich so weit wie mög­lich ei­ner tat­säch­li­chen An­zahl ad­mi­ni­stra­tiv ver­sorg­ter Per­so­nen in der Schweiz an­zu­nä­hern, grenzt das For­schungs­team die Zahl mit­hil­fe ei­ner Ober- und ei­ner Un­ter­gren­ze ein. Die Ober­gren­ze be­deu­tet, dass es höch­stens so vie­le Be­trof­fe­ne wa­ren. Denn nebst den feh­len­den Sta­ti­sti­ken zur The­ma­tik birgt die Su­che nach ei­ner An­zahl Be­trof­fe­ner wei­te­re Un­ge­nau­ig­kei­ten. Wenn man zum Bei­spiel al­le Ein­wei­sun­gen des Kan­tons Bern von 1945 zu­sam­men­zählt, dann ent­spricht das Re­sul­tat nicht der An­zahl In­di­vi­du­en, son­dern der An­zahl Ver­sor­gun­gen in dem Jahr: Wur­de ei­ne Per­son drei­mal ver­sorgt, er­scheint sie drei­mal. Zu­dem ist die ad­mi­ni­stra­ti­ve Ver­sor­gung als sol­che nicht im­mer klar von an­de­ren Zwangs­mass­nah­men un­ter­scheid­bar.
Die Un­ter­gren­ze legt fest, wie vie­le Men­schen min­de­stens von der ad­mi­ni­stra­ti­ven Ver­sor­gung be­trof­fen wa­ren. Da­für wer­den die Ein­wei­sun­gen in rund zwan­zig grös­se­re An­stal­ten zu­sam­men­ge­zählt.
Wo­hin wur­den die Men­schen ver­sorgt?
Je mehr Zah­len mit­hil­fe die­ser Quel­len ge­sam­melt und un­ter­sucht wer­den kön­nen – al­so je nä­her die Ober- und Un­ter­gren­ze zu­sam­men­rücken – de­sto ge­nau­er kann am En­de des For­schungs­pro­zes­ses be­schrie­ben wer­den, wie vie­le Men­schen zwi­schen 1930 und 1981 ad­mi­ni­stra­tiv ver­sorgt wur­den.

Um An­ga­ben zur geo­gra­fi­schen Ver­tei­lung und zur An­zahl der An­stal­ten in der Zeit­span­ne von 1930 bis 1980 zu ma­chen, un­ter­such­te das For­schungs­team An­stalts­ver­zeich­nis­se von fünf Stich­jah­ren (1933, 1940er Jah­re, 1954, 1965 und 1980). Das Ver­zeich­nis der An­stal­ten in der Schweiz des Straf- und Mass­nah­men­voll­zugs und der Un­ter­su­chungs­ge­fan­gen­schaft des Bas­ler An­stalts­pfar­rers Mar­tin Schwarz von 1954 ist ein sol­ches Ver­zeich­nis. Der Ver­gleich der Ver­zeich­nis­se zeigt: Es sind ins­ge­samt 648 An­stal­ten auf­ge­führt, in de­nen Er­wach­se­ne und jun­ge Er­wach­se­ne in die­ser Zeit in­ter­niert wur­den. Wä­ren al­le Ar­men­häu­ser, Kin­der­hei­me und Psych­ia­tri­en mit­ge­zählt wor­den, wä­re die­se Zahl noch um ei­ni­ges hö­her aus­ge­fal­len. Die­se 648 An­stal­ten wa­ren in der gan­zen Schweiz ver­teilt.
Da­mit die Di­men­sio­nen die­ser «An­stalts­land­schaft» sicht­bar wer­den, hat das For­schungs­team wie oben er­wähnt ge­mein­sam mit Den­si­ty­De­sign, dem De­sign De­par­te­ment des Po­li­tec­ni­co di Mi­la­no, Vi­sua­li­sie­run­gen er­stellt. Die von der UEK ge­sam­mel­ten Da­ten wur­den so pro­gram­miert und ge­stal­tet, dass sie mit we­ni­gen Klicks In­for­ma­tio­nen über die «An­stalts­land­schaft» ge­ben.
Das Vi­sua­li­sie­rungs­pro­jekt be­fin­det sich auf der Web­site der UEK und wur­de in vier Spra­chen er­stellt.
Agenda
Von der Fremd­be­stim­mung zur Selbst­er­mäch­ti­gung
An­fang Sep­tem­ber 2018 fin­det in Bern (Lo­ka­li­tät noch nicht be­stimmt) ein Work­shop statt. Er soll den Dia­log und Er­fah­rungs­aus­tausch zwi­schen Be­trof­fe­nen von Fremd­platzie­run­gen und für­sor­ge­ri­schen Zwangs­mass­nah­men so­wie For­schen­den er­mög­li­chen. Or­ga­ni­siert wird der An­lass von Ga­brie­la Mer­li­ni (Ar­chiv-aS), Mir­jam Ja­nett (Hi­sto­ri­ke­rin) und Urs Haf­ner (Hi­sto­ri­ker). Die­ses Pro­jekt wird un­ter­stützt von der Schwei­ze­ri­schen Eid­ge­nos­sen­schaft. Al­le In­ter­es­sier­ten sind herz­lich will­kom­men.

Kon­takt: in­fo@ar­chiv-as.ch
News & Agen­da
Hin­wei­se auf News und Ver­an­stal­tun­gen im Zu­sam­men­hang mit der UEK und zu ver­wand­ten The­men fin­den Sie je­weils auf un­se­rer Web­site. Über Face­book und Twit­ter hal­ten wir Sie auf dem Lau­fen­den.
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