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Zwischenergebnis
2017
27. November 2017

Der strafende Sozialstaat

27. November 2017
Die Geschichte fürsorgerischer Zwangsmassnahmen steht für ein Paradox in der Entwicklung des modernen Heim- und Anstaltswesens. Obwohl Erziehungsheime und -anstalten beanspruchten, ihre Zöglinge in die Gesellschaft zu integrieren, waren Missbräuche und Misshandlungen weit verbreitet und machten das pädagogische Anliegen oft zunichte.
Die Geschichte fürsorgerischer Zwangsmassnahmen steht für ein Paradox in der Entwicklung des modernen Heim- und Anstaltswesens. Obwohl Erziehungsheime und -anstalten beanspruchten, ihre Zöglinge in die Gesellschaft zu integrieren, waren Missbräuche und Misshandlungen weit verbreitet und machten das pädagogische Anliegen oft zunichte.

Um dieses Paradox zu verstehen, ordnet das folgende working paper die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen in die Geschichte des schweizerischen Sozialstaats ein. Zwangsmassnahmen bildeten erstenseinen strafenden Residualbereich des Sozialstaats, der nicht mit Geldleistungen, sondern mit Diskriminierungen, entwürdigenden Praktiken und physischer Gewalt operierte. Zweitens bildeten Heime, Anstalten und Pflegefamilien ein zwangsbasiertes Erziehungssystem für jene Personen, für die sich die traditionellen Bildungseinrichtungen nicht mehr zuständig sahen, weil diese mit ihren pädagogischen Ansätzen an ihre Grenzen stiessen. Drittens sind fürsorgerische Zwangsmassnahmen – indem sie Familiennormen gesellschaftliche Achtung verschafften – auch ein Teil der Geschichte der Familie und unterstreichen die Bedeutung der Institution Familie für die Reproduktion gesellschaftlicher Normen in der Moderne.

 

Der Artikel gibt die persönlichen Ansichten des Autors wieder. Eine überarbeitete Fassung dieses Beitrags wird veröffentlicht in der «traverse. Zeitschrift für Geschichte», Heft 1/2018.

 

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11. Jan. 2018
Unabhängige Expertenkommission (UEK) Administrative Versorgungen Forschungserkenntnisse zur Anzahl Solidaritätsbeitragsgesuche von Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen Die vom Bundesrat eingesetzte Unabhängige Expertenkommission (UEK) zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der administrativen Versorgungen vor 1981 und ein Forschungsteam aus dem Sinergia-Projekt «Placing Children in Care 1940-1990» weisen auf verschiedene Herausforderungen und Schwierigkeiten hin, die mit der Einreichung eines Gesuchs für einen Solidaritätsbeitrag verbunden sind und ein solches individuell erschweren oder auch ganz verunmöglichen können. Mehr erfahren
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18. Okt. 2017
Dr. Alix Heiniger Entre productivité et resocialisation Ab Mitte Oktober 2017 publizieren die Forscherinnen und Forscher der UEK regelmässig Working Papers. Der erste Beitrag wurde von Dre. Alix Heiniger verfasst und trägt den Titel «Entre productivité et resocialisation. Le travail des personnes en internement administratif dans les Établissements pénitentiaires de Bellechasse». Mehr erfahren
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