Quellen
Als Quellen gelten Dokumente und Zeugnisse, die Erkenntnisse über die Vergangenheit liefern. Neben Schriftstücken UNTERSUCHEN Forscherinnen und Forscher unter anderem auch Tondokumente, Bilder, Bauten oder Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen.
Quellen zu administrativen Versorgungen
Die meisten schriftlichen Dokumente befinden sich in Staats- oder Gemeindearchiven, in diversen Spezialarchiven, im Schweizerischen Bundesarchiv sowie in Bibliotheken. Private Archive von Institutionen, Vereinen oder Einzelpersonen werden wenn möglich ebenfalls konsultiert. Die UEK führt zudem Interviews durch: mit Betroffenen und mit Menschen, die für Behörden oder Anstalten gearbeitet haben. Auch diese Interviews werden als Quellen genutzt.
Die vorhandenen Quellen sind kein neutrales, unmittelbares Abbild einer vergangenen Realität: Sie stellen meist nur eine Sichtweise dar. Zudem wurden nicht alle Dokumente und Zeugnisse, auch der neusten Geschichte, aufbewahrt. Die Aufgabe der Forscherinnen und Forscher besteht nun darin, aus den noch vorhandenen Materialien die für ihre Forschung relevanten Quellen auszuwählen. Sie stehen im konstanten Dialog zwischen ausgewählten Elementen der Vergangenheit und dem sich immer weiterentwickelnden Wissen der Gegenwart.
Hier werden laufend Beispiele von Quellen präsentiert, die von den Forscherinnen und Forschern der UEK für ihre Arbeit benutzt werden.
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1938 | 1921 | 1921 | ||
Ein Anwalt wirft Fragen auf | Wege aus der Anstalt: Ein Entlassungsgesuch | Beschwerde über die Zustände in der Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach (SZ) | ||
Am 24. Juni 1938 kontaktierte ein Anwalt das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Freiburg, um Auskunft über eine in Bellechasse versorgte Frau zu erhalten: Einer seiner Kunden wollte sie heiraten. In literarischer Prosa setzt er sich für diese Ehe ein und zeigt sich überrascht, dass eine Frau in einer solchen Anstalt sein kann, ohne eine Straftat begangen zu haben. | Im Sommer 1921 bat der in Bellechasse internierte A. B. die Freiburger Regierung um seine bedingte Entlassung, nachdem er die Hälfte seiner Internierungszeit verbüsst hatte. Er argumentierte, dass er sich während seiner Internierungszeit immer um ein «tadelloses» Verhalten bemüht hätte. | Die Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach, auch Korrektionsanstalt genannt, wurde vom Kanton Schwyz von 1902 bis 1971 betrieben; heute ist der renovierte Bau ein Verwaltungsgebäude. Die Einweisungen erfolgten durch die Instanzen des Kantons Schwyz, es wurden aber auch administrativ Versorgte aus anderen Kantonen der Innerschweiz in Kaltbach inhaftiert. | ||
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1927 | 1937-1950 | ||
Schmuggelbrief einer in Bellechasse administrativ versorgten Person | Glauben an die Gerechtigkeit verloren | ||
In den Anstalten von Bellechasse – einem der Orte, in dem viele Menschen administrativ versorgt wurden – waren sowohl die Menge als auch der Inhalt der Briefpost der strafrechtlich und administrativ versorgten Personen strikt geregelt. | Die Staatsanwaltschaft Zürich nimmt den Brief eines ehemaligen «Zöglings» der Arbeitserziehungsanstalt Uitikon zum Anlass, Anstaltsdirektor Fritz Gerber (1893-1974) um eine Stellungnahme zu den darin enthaltenen Vorwürfen zu bitten. Anhand dieses Schriftwechsels wird deutlich, wie bestimmte behördliche Vorgänge jeweils unterschiedlich geschildert werden. | ||
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DIE QUELLENANALYSE
Mit der Auswahl der Quellen beginnt die eigentliche Analysearbeit. Verschiedene Perspektiven, Herangehensweisen und unendlich viele Fragen: Der Umgang mit historischen Quellen gehört zum Handwerk der Forscherinnen und Forscher. Diese stellen die Quellen in ihren Kontext, analysieren sie und formulieren Arbeitshypothesen. Auf diese Weise können Zusammenhänge besser verstanden werden.
Nachfolgend werden die wichtigsten Arbeitsschritte der Quellenanalyse kurz erklärt:
Quellenbeschrieb
Für jeden Quellenbeschrieb müssen zuerst einige formelle Informationen geklärt werden. Die in den Archiven aufbewahrten Quellen werden somit nach genauen Kriterien sortiert und katalogisiert (siehe Beispiele weiter unten). Die Arbeit der Forscherinnen und Forscher beruht auf dieser vorhergehenden Bearbeitung der Quellen, die meist durch die Archivarinnen und Archivare erfolgt. Es liegt in der Verantwortung der Forschenden, diese Informationen in ihrer Publikation zu erwähnen und die Referenzen systematisch anzugeben. Somit sollte jede Quelle, die in einer Analyse erwähnt wird, wiedergefunden werden können.
- Signatur: Die Signatur ist ein eindeutiger Code: Sie zeigt auf, in welchem Archiv und in welchem Bestand sich die Quelle befindet. Jede Signatur ist einzigartig, so dass keine Verwechslungen vorkommen können.
- Titel: Benennung der Quelle, die Angaben zum Inhalt sowie dem Entstehungszweck der Quelle bietet.
- Entstehungszeitraum: Diese Information weist auf den Zeitraum hin, in welcher die Quelle entstanden ist.
- Herkunft/Provenienz: Einzelne Dokumente befinden sich meistens in grösseren Dossiers, die wiederum in Beständen organisiert sind. Da sind Informationen zum Entstehungszusammenhang der Quellen wichtig, d.h. zu derjenigen Organisation oder Person, die den Bestand erzeugt, bearbeitet oder zusammengestellt hat.
- Form und Inhalt: Zusätzlich zum Titel enthält diese Angabe weitere Informationen über den Inhalt, die Gliederung und die Form der Quelle (Papier, digital...).
- Zugangs- und Benutzungsbestimmungen: Je nach Entstehungszeitraum und Inhalt ist eine Quelle mit einer Schutzfrist versehen.
- Physische Beschaffenheit: Manche Quellen können aufgrund ihres konservatorischen Zustandes nicht im Original eingesehen werden.
PERSPEKTIVEN ZUSAMMENTRAGEN
Wurden genügend Quellen gesammelt, beginnt die Analysearbeit. Die verschiedenen Perspektiven werden miteinander verknüpft, bereits existierende Arbeiten zum Thema beigezogen. Daraus entsteht ein wissenschaftlicher Text.
Ergebnisse publizieren
Über Bücher, Zeitungsartikel, Filme, Websites usw. gelangen Forschungsergebnisse in die Gesellschaft. Daraus entsteht ein allgemein geteiltes Wissen über die Vergangenheit. Dieses Wissen ist stets in Bewegung und entwickelt sich mit jeder neuen Forschungsarbeit neu. Forscherinnen und Forscher tragen somit dazu bei, das vielschichtige und bewegliches Gedächtnis der Gesellschaft weiterzuentwickeln.